Exkursion Klimaschutzmanagement

26./27. April 2024 Bericht Lothar Watermeyer

Am Freitag, den 26. und Samstag, den 27.04 haben sich einige Ratsherren (3xSPD, 2xUWB, 1x CDU und ich) mit einigen Herren aus der Verwaltung auf Anregung des Klimaschutzmanager der Stadt Borgentreich und auf Einladung des Rhein-Hunsrück-Kreis (lädt interessierte 2x im Jahr ein) auf die Reise dorthin gemacht (Programm des Klimaschutzmanagers im Anhang).

Der Rhein-Hunsrück-Kreis ist der bundesweit erste Landkreis dem das „erneuerbar-Kreis“ Zertifikat in Platin verliehen wurde. Welcher mit dem Ihrem Weg gemeinsam mit den Kommunen zur Klimakommune des Jahrzehnts ausgezeichnet wurde und mit vielen Kampagnen, wie z.B. „komm ins gelobte Land“ auf sich aufmerksam macht. Durch die Auszeichnungen und mediale Aufmerksamkeit sind in den letzten Jahren tausende interessierte Besucher aus 80 Ländern dort zu Besuch gewesen (Dokumentationen und Berichte findet man in Mediatheken wie auch bei Youtube) .

Vorab sollte erwähnt werden das es in Rheinland-Pfalz keine kommunale Neugliederung gab wie bei uns 1975 und daher sind strukturell jede Ort für sich selbst zuständig, wird aber größtenteils verwaltungstechnisch von einer Samtgemeindeverwaltung unterstützt. Daher sind viele Dinge, welche hier den Städten obliegen in Kreishand, wie auch das Schulwesen. Da wir in den Kommunen ja in Zukunft zentrale Wärmekonzepte vorlegen müssen und dort Wärmekonzepte für Schulgelände und teilweise gesamte Ortschaften schon seit Jahren realisiert wurden, war dies eines unsere Hauptanliegen.

Als Hintergrundwissen sollte man auch wissen, das die Gemeinden gemeinsam mit dem Kreis, als es vor 10-15 Jahren zur Ausweisung von Windkraftkonzentrationsflächen kam, man diese so legte, das diese größtenteils nur auf kommunalen Grund gelegt wurden. Somit haben Gemeinden mit z.B. 400-600 Einwohner heute die Pachteinnahmen von 4-9 Windrädern, was in Summen so ca. 35-80.000€ (je nach Ertrag) pro Anlage bedeutet. Zum Verständnis vorab, wie sich manches was ich später erwähne, rechnet.

Wir starten unsere Reise (nach der Fahrt) auf dem Gelände des Kreisentsorgungsbetriebes. Außer der Delegation aus Borgentreich, waren am Freitag noch 3 und am Samstag noch 5 andere Interessentengruppen dort. Wobei es sich hier nicht nur um kommunale politische Vertretungen handelte, sondern auch um Bürgerinitiativen, Klimavereine wie auch privat interessierte. Dort wurden wir von einem sehr engagierten Geschäftsführer wie auch einem engagiertem und enthusiastischen Kreis-Klimamager begrüßt, letzterer begleitete uns beide Tage. Dort wurden uns anhand von Präsentationen und live der Weg, welche sie gegangen sind erläutert.

Man begann mit dem Einrichten von 10 zentralen Sammelplätzen für Strauchschnitt, Holz und Gartenabfällen. offene Schotterplätze, Möglichkeit der Entsorgung 24/7 und sie haben fast null Probleme mit Verunreinigung durch Fremdmüll (durch Aufklärung, Beobachtung und Erziehung). Dieser Müll wird dann mit 3 kreiseigenen Container-LKW (welche auch einen Teleskoplader mitführen) abgeholt und auf dem Gelände des Entsorgungsbetriebes gesammelt. Der „Müll wird dann 2-3x pro Jahr grob gehäckselt und gesiebt und dann wieder getrennt gelagert. Die „Komposterde“ wird größtenteils in der Landwirtschaft, Obstbau und Weinbergen als Dünger eingesetzt, kann aber auch von Privatleuten für wenig Geld erworben werden. Das Häckslegut wir benötigt um derzeit 3 zentrale Holzofen-Heizanlagen zu beschicken, welche Schulgelände, Bäder und Wohnhäuser zentral beheizen. Die Asche wird dann auf der Deponie entsorgt (wegen dem hohen Anteil an Verunreinigungen, wie z.B. Steine von den Schotterplätzen usw.) Durch den hohen Einsatz an hochwertigen Filtern hat man noch nie Beschwerden gehabt, bezüglich der Geruchsbelästigung (die herausgefilterten Schwebstoffe werden natürlich als Sondermüll behndelt).

Anschließend baute man nun nach und nach die alten Mülldeponien voll mit Freiflächen-PV, dieser Prozess dauert noch an.

Danach begann man mit der Planung und anschließendem Bau einer eigenen Biogasanlage zur Verklappung des Mülls der Biotonnen zur Erzeugung von Strom. Die Besonderheiten gegenüber einer Standard Biogasanlage sind die vorgeschaltete Siebanlagen, Müllpressanlage und die Filterung durch Separatoren der Gülle zwischen Fermenter und Nachgärer und der Endlagerung, damit gewährleistet ist das es zu weniger Schäden innerhalb der Anlage und den Rührwerken kommt. Die Gülle wird in der Landwirtschaft als Dünger verarbeitet.

Anschließend besichtigten wir die komplette Anlage, wie auch einen Strauchschnittsammelplatz wie auch eine der zentralen Heizanlagen in einem Schulzentrum, bevor wir uns in unser Hotel begaben.

Am nächsten Morgen trafen wir uns im Gemeindehaus der Gemeinde Neuerkirch um uns dort über die Entwicklung der Gemeinden (anhand dieser) in Zeichen der Energiewende zu informieren. Der Bürgermeister der Gemeinde Neuerkirch informierte gern und nicht unverdient mit Stolz über das erreichte, Die Gemeinde hat ca. 320 Einwohner und kann auf die Pachteinnahmen von 8 Windrädern zurückgreifen. Mit diesem Geld wurde gemeinsam mit Bürgern, proffesionellen Unterstützung und dem Kreis eine Entwicklungsstrategie entwickelt und umgesetzt, welche bisher noch nicht beendet wurde. Die Prokopf-Verschuldung lag im 4-stelligem Bereich zu Beginn und heute hat die Gemeinde ein Polster im 7-stelligen Bereich. Umgesetzt wurden bisher Planung und Durchführung (2016) einer zentralen Heizung auf Solartherminie-Basis mit angeschlossenen Hackschnitzelanlage für den Ortskern und den Nachbarort Külz. Neubaugebiete wurden Aufgrund der guten Dämmung und der modernen Heizungsanalgen ausgeschlossen, werden aber mit 4.500€ unterstützt eine Luft-Luft-Wärmepumpe zu verbauen. Gleichzeitig hat man hier (damals schon!!) Glasfaser ins Dorf gelegt. Des Weiteren hat die Gemeinde PV-Anlagen gebaut, einen Mehrgenrationenspielplatz, ein Elektroauto, ein Lastenbike und 2 E-Bikes (Car- bzw. Bike-Sharing) angeschafft, den Ort saniert, Kindergarten renoviert, eine Gemeindeschwester zur Senioren-Vor-Ort-Betreuung eingestellt und unterstützt Einwohner und Neubürger bei der Renovierung und energetischen Sanierung, je nach Fall in einer Höhe bis zu 50.000€, sowie auch beim Invest in regenerativen Energien. Gemeinsam mit dem Kreis werden in den Gemeinden Senioren WG´s gegründet um die Anonymisierung eines Alterheimes bzw. die Entvölkerung der Gemeinden zu verhindern. Des weiteren wurden auch durch die Krankenschwester und Gemeindearbeitern (vorher 1x 450€-Kraft) Arbeitsplätze geschaffen und Vereine werden in Ihren Aktionen unterstützt, wie die Pfingstkirmes, eine Theatergruppe, ein Drofmuseum mit Schurösterei, ein Brotbackhaus und es wird ein Kunsthandwerk und Bauernmarkt veranstaltet nur um ein paar Dinge zu nennen.

Ich glaube es ist selbstverständlich das dies auch alles nicht möglich wäre ohne das Engagement von Einwohnern und vor allem dem Bürgermeister, der diesen Job schon über 25 Jahre Ehrenamtlich macht.

Anschließend hat uns der Bürgermeister seine Heizanlage gezeigt, für den Dorfrundgang, blieb Anhand der angeregten Diskussion im Gemeindehaus leider keine Zeit, jedoch ist das was wir bei der Durchfahrt gesehen haben, sehr sehr beachtenswert, wenn man sich z.B. den Bestand an herrlich restauriertem Fachwerk und die Sauberkeit im Ort anschaut.

Nach dem Mittag ging es dann in die vor 15 Jahren fast verwaiste ca.600-Seelengemeinde Mörsdorf. Wir wurden dort von einem der Visionäre des Ortes begrüßt, welcher uns einen anderen Weg zeigte, wie man eine Gemeinde in die Zukunft bringen kann. Es begann wie dort vielerorts auch mit der Windkraft, aber vor allem auch mit einem Traum von 3 Herren, die sich allen Widrigkeiten und Entmutigungen von Gutachten zum Trotz, eine Hängebrücke wünschten als touristisches Highlight. Von der Idee über die Planung und Umsetzung vergingen ca. 8 Jahre. Die „Geierlay“ war mit 360m lange Zeit die längste Hängebrücke Deutschlands. Gebaut wurde diese nach nepalesischem Vorbild von einem Schweizer Architekten. Mit den Einnahmen der Windkraft und den Parkplatzeinnahmen/ Eintritt der Hängebrücke ( mehrere 100.000 Besucher jährlich) realisierte und realisiert noch, das Gemeinschaftsleben, eine Gemeindekrankenschwester, 2 Gemeindearbeiter, Renovierung des Ortes, Reaktivierung eines fast geschlossenen Bäckers vor Ort, Neuansiedlung von Gaststätten, Bau eines Infozentrums, Ausbau von Wanderwegen, Radwanderwegen und Errichtung eines Natuwaldrefugiums in dem 12ha großen Gemeindewald (auch Beseitigung von Nadelholzflächen). Des weiteren hat man vor kurzem einen Koch eingestellt, welcher kostenlos, aus heimischen Lebensmitteln ein Mittagessen für den Ortsansässigen Kindergarten, die Grundschule und Senioren kocht.

Z.Z. in Bau ist „MörsDORF“ ein neues Gemeindezentrum mit Grundschule für 30 Kinder mit einem neuen jahrgangsgemischtem Lernkonzept, einem Kindergarten, eine Mensa und Betreuungs- und Veranstaltungsräumen. Dieses wird aus Holz aus den eigenen Wäldern als kleines Dorf im Dorf gebaut. Ist auch ein Geminschaftsprojekt, welches man z.B. auch auf den Websites begleiten kann.

Anschließend gingen wir gemeinsam zur Brücke und wer wollte auch hinüber, bevor wir dann die Heimreise antraten.

Es bleibt festzuhalten, das wir auf ganz tolle und über alle Maßen engagierte Menschen trafen, welche Visionen hatten und haben, die nicht scheuen die Ärmel hoch zu krempeln und die auch den offenen Dialog suchen und auch nicht mit Infos und Zahlen, Daten und Fakten hinterm Berg halten, sondern sehr offen damit umgehen. Menschen, die Ihren weg der Energiewende und Klimaneutralität gerne teilen und aufzeigen wollen, das dies nicht nur eine Einbahnstraße ist, aber auch offen mit Rückschlägen und Machbarkeiten umgehen.

Als Fazit möchte ich die oft genutzter Erwähnungen des Klimamangers Herrn Uhle in den Vordergrund stellen welche Energie, sprich Kilowattstunden man selbst erwirtschaftet hat, „welche nicht von Ölscheichs oder Gas-Despoten“ importiert werden mußten sondern die Wertschöpfung vor Ort bleiben konnten und wieviel Arbeitsplätze und Wohnqualität man vor Ort schaffen konnte.

Ich denke jeder der Mitreisenden hat soviel Input erhalten von dem was wo anders möglich ist und ein wenig, was vielleicht noch umsetzbar ist. in unserer Gemeinde. Der Dialog hat aber auch gezeigt das Borgentreich auf einem guten weg ist, wir liegen auch ohne Freiflächen-PV schon ganz weit vorn in der KWh pro Kopf-Bilanz und z.B. war niemand der anwesenden Kommunen schon soweit das die gesamte Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt ist. Auch wurde in den Diskussionen die unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Windkraft stark thematisiert. Wo z.B. in der Gemeinde in Drolshagen im Sauerland auf dem gesamten Gemeindegebiet noch keine Windkraftanlage steht oder geplant ist, im Rhein-Hunsrückkreis eine überschaubare Menge unter Einhaltung von Abständen, Verhinderung von „Verspargelung“ und nahezu nur auf Gemeindeland steht, konnten wir unsere Bedenken durchaus anbringen, das im Kreis Höxter und Paderborn mit anderem Maß gemessen wird und welche Diskrepanz zwischen Akzeptanz, Nutzen und Energiewende wir hier als Kommunalpolitiker zu kämpfen haben.

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